Scham und Therapie

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Moderator: Eser

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Iris
Beiträge: 59
Registriert: Samstag 28. April 2007, 20:31

Scham und Therapie

Beitrag von Iris »

Hallo!

Fragen Sie jemanden, ob er einen guten Zahnarzt kenne, erhalten Sie prompt eine Antwort. Die meisten, die zum Zahnarzt gehen, sind der Überzeugung, dass ihrer besonders gut sei. So ist es mit vielen Arztberufen, seltener aber beim Psychiater oder Psychotherapeuten. Auch nach einem Neurologen können Sie fragen, ohne dass der andere einen roten Kopf bekommt. Hier nähern wir uns schon der Schamzone, der Seelenheilkunde. Denn Neurologen sind von der Ausbildung her oft Psychiater. Deswegen werden manche Patienten unter einem Vorwand an den Neurologen überwiesen, damit das Wort Psychiater nicht auftaucht. Der Gang zum Psychiater oder zum Psychologen ist bei vielen tabuisiert. Das Ausmaß der Scham, gestört zu sein, es nötig zu haben, sich für seinen Lebensweg Rat zu holen, ist eine Frage der Aufklärung, aber auch der tief sitzenden Schuldgefühle. Es kam einmal ein Pastor, der den Hintereingang zur Praxis nutzte, damit die Leute ihn nicht sehen. Trifft ein Psychiater jemanden auf der Reise oder in der Stadt, so gibt es wenige, die ihn herzlich begrüßen. Sie haben keine Scham, sich zu ihrer psychotherapeutischen Behandlung zu bekennen. Die meisten ersteifen jedoch plötzlich. Sie grüßen zurückhaltend oder gar nicht. Die Selbstfindung ist mit Abwehr, Angst, Scham und Schuldgefühlen behaftet. Doch der Leidensdruck, die Wahrheitsliebe, die Offenheit überwinden die Scham, sich in psychotherapeutische Hände zu begeben.

Viele Grüße

Iris
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