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Interview mit Professor Dr. Josef Lutz und Dr. Christian Jooß
Ende Juni 2005 fand in Portugal eine wissenschaftliche Konferenz statt, die
sich kritisch mit der seit Jahrzehnten vertretenen Behauptung befasste, das
Universum sei in einem einzigen gigantischen ,,Urknall" entstanden. In einigen
wissenschaftlichen Zeitschriften wurde über die Konferenz berichtet - in
Deutschland allerdings nur sehr wenig. Aus Deutschland nahmen Dr. Christian
Jooß, Göttingen, und Prof. Dr. Josef Lutz, Chemnitz, teil und hielten dort
gemeinsam Vorträge. Im Anschluss an die Konferenz berichteten sie in einem
Interview für die ,,Rote Fahne".
Ihr wart auf dem Kongress ,,Kosmologie in der Krise" in Portugal - worum
ging es bei diesem Kongress, wer hat ihn vorbereitet und finanziert?
Josef Lutz: Diese Konferenz hatte ihre Vorgeschichte. Ausgangspunkt war ein
in den USA gestarteter Appell von Wissenschaftlern, der verlangte, die
Verweigerung von Forschungsgeldern für Urknall-kritische Themen zu
beenden und Projekte dieser Wissenschaftler gleichberechtigt in Betracht zu
ziehen. Diesem Appell schlossen sich weltweit 146 Wissenschaftler an. Er
wurde in dem in England erscheinenden ,,New Scientist" veröffentlicht. Die
Initiatoren bildeten über das Internet die ,,Alternative Kosmologie Gruppe". Es
entstand die Idee, einen Kongress der weltweit verteilten Teilnehmer
durchzuführen. Eine fünfköpfige Vorbereitungsgruppe wurde eingerichtet. Die
Hauptarbeit in der Organisation der Tagung leistete Professor Jos Almeida von
der Universität Monção im Norden Portugals, wo der Kongress vom 23. bis
25. Juni 2005 mit zirka 40 hochkarätigen Teilnehmern stattfand. Jeder hatte
eine Teilnahmegebühr zu bezahlen, das war die Hauptfinanzierung.
Für Leserinnen und Leser ohne große wissenschaftliche Vorbildung ist so
etwas überraschend - oder steht die Behauptung vom Urknall schon länger in
der Kritik?
Josef Lutz: Sie steht schon immer unter heftiger Kritik. So von Halton Arp,
einer der besten Astronomen des 20. Jahrhunderts. Oder vom
Physik-Nobelpreisträger Hannes Alfvén sowie vom Mathematiker Benoit
Mandelbrot, den viele Leser kennen werden. Allerdings wird diese Kritik
totgeschwiegen, und in Fernsehsendungen und populärwissenschaftlichen
Büchern wird so getan, als sei der Urknall gesicherte Erkenntnis. Das gilt
insbesondere in Deutschland und in den USA. In Großbritannien wird die Kritik
schon seit langer Zeit offen geführt.
Christian Jooß: Viele in der experimentellen Physik, z.B. in der
Materialforschung tätige Wissenschaftler lächeln schon lange über die
Urknalltheorie und nehmen diese Theorie und ihre Vertreter nicht ernst. Jeder,
der im Labor forscht, weiß, dass Materie und Energie nicht aus dem Nichts
entstehen kann. Auch die Vorstellung einer Weltformel, aus der man einen
Urknall und die gesamte Welt berechnen soll wird kritisiert. Manchmal heißt es
salopp ausgedrückt ,,an den Urknall glauben doch nur die, die dafür bezahlt
werden".
Das Hauptproblem ist, dass kritische Wissenschaftler, wie der
Galaxienforscher Halton Arp in der Öffentlichkeit nicht zu Wort kommen.
Populäre Wissenschaftssendungen und Zeitschriften wie ,,Spektrum der
Wissenschaft" bringen fast ausschließlich die Urknalltheorie. Experimentelle
Erkenntnisse der Astronomen werden verfälscht wiedergegeben.
Was waren denn die in Portugal diskutierten Argumente? Gab es etwas
Neues?
Josef Lutz: Im ersten Abschnitt gab es einige Vorträge, in denen die
Unvereinbarkeit astronomischer Beobachtungen mit der Theorie vom Urknall
vertieft wurde. Das betrifft z.B. sehr große Strukturen, erst kürzlich wurde
eine zweite ,,Große Mauer" entdeckt. Tom van Flandern aus den USA hielt
schließlich den Vortrag über 50 mit dem Urknall nicht vereinbare Fakten. Im
zweiten Teil ging es um die Hinterfragung der theoretischen Grundlagen der
Urknall-Theorie.
Christian Jooß: Professor Yurij Baryshev von der Universität Petersburg,
Russland setzte daran an, dass die allgemeine Relativitätstheorie die
Energieerhaltung nicht beinhaltet. Er entwickelt eine Feldtheorie der
Gravitation, aufbauend auf Theorien der sowjetischen Physiker Landau und
Lifshitz. Wenn die Energieerhaltung berücksichtigt wird, ist kein Urknall mehr
möglich.
In ähnlicher Weise erweiterte Frank Potter (USA), Schüler des bekannten US
Physikers und Nobelpreisträgers Richard Feynman, die Allgemeine
Relativitätstheorie. Die mathematischen Formulierungen ähneln dann denen
der Quantentheorie. Und es gibt Lösungen für die möglichen Zustände im
Gravitationsfeld, mit denen sowohl Planetensysteme als auch die Rotation der
Galaxien sehr gut beschrieben werden können, ohne dass man eine
geheimnisvolle ,,Dunkle Materie" braucht. Weiterhin geht daraus hervor, dass,
entgegen der Behauptung der Urknalltheoretiker, ein Weltall ohne Expansion
nicht unter der eigenen Schwerkraft kollabiert. Man braucht also keinen
Urknall um eine Verklumpung von Sternen und Galaxien unter der eigenen
Graviation zu einem Superstern zu verhindern.
Professor Franco Sellerie (Universitätdc Bari, Italien) zeigte in der kritischen
Auseinandersetzung mit der speziellen Relativitätstheorie und Experimenten
auf, dass ein vierdimensionaler-Raum unzulässig ist. Der Raum ist
dreidimensional und dann bleibt wieder kein Spielraum für die
Urknalltheoretiker: In einem dreidimensionalen Universum würde ein Urknall
einen gigantischen Hohlraum am Ort der Explosion hinterlassen. Das wird
jedoch nicht beobachtet. In alle Beobachtungsrichtungen im Weltall finden sich
dieselben materiellen Strukturen: Sterne, Galaxien, Galaxiensuperhaufen und
große Mauern.
Welche Position habt ihr dort vertreten und wie war die Resonanz?
Josef Lutz: Wir waren mit zwei Beiträgen vertreten. Christian Joos hielt
unseren Beitrag zur Quantenrotverschiebung, er leitete ab, wie sich die
Rotverschiebung der Spektrallinien sich aus kleinen Abweichungen von einem
idealisierten Modell des Lichtes ergibt, was zu einer Energieabnahme der
Photonen führt. Dagegen behauptet die Urknalltheorie dass die
Rotverschiebung verursacht ist durch eine Expansion des Weltalls. Es gibt also
eine einfachere Erklärung und die Annahme einer Ausdehnung des Weltalls
lässt sich durch nichts beweisen. Ich trug unseren Beitrag ,,Entwicklung des
Universums im Licht der modernen Elementarteilchenphysik" vor, in dem eine
Einheit von Entwicklungsprozess des jeweiligen Objekts mit den Vorgängen im
Mikrokosmos hergestellt wurde. Bei der Entwicklung von Sternen ist das die
Kernfusion, die als Energiequelle dient. Bei der Entwicklung von Galaxien sind
das Phasenübergänge der hochkomprimierten Materie im Zentralkörper der
Galaxien, die schließlich zum Ausbruch neuer, junger Materie führen. Dieser
Beitrag stieß aber auch auf Widerspruch von denen, die nur mathematisch
formulierte Modelle zulassen wollen.
Wenn es keinen Urknall gibt, wie dann hat sich das Weltall entwickelt? Gab es
über diese Frage Einheit/Widerspruch?
Josef Lutz: Es gibt keine Abschlusserklärung, und von der Leitung der
Konferenz wurde auch kein Versuch unternommen, eine Zusammenfassung
oder Vereinheitlichung zu erreichen. Es gibt Richtungen, Ideen und Ansätze,
die in mehreren Beiträgen verfolgt wurden. Das ist, dass uns der Aufbau des
Kosmos als hierarchischer Kosmos der Abfolge von Systemen oder als Fraktal
aufgefasst werden kann. Hervorzuheben ist auch die Weiterentwicklung der
theoretischen Ansätze und das Hineinnehmen der Energieerhaltung in die
mathematischen Werkzeuge. Dies stellt einen großen Fortschritt dar und
enthält sehr viele wertvolle Gedanken. Auf der anderen Seite gibt es das
Bestreben, ein neues geschlossenes mathematisches Modell für das gesamte
Universum finden zu wollen, das die Theorie vom Urknall ersetzt. Das aber ist
unmöglich.
Christian Jooß: Die herrschende Weltanschauung des Positivismus wirkte auch
in die Konferenz. Zum Beispiel in der Form einer Überbetonung
mathematischer Modellbildung. Manche verstricken sich in mathematische
Betrachtungen, bevor sie sich überhaupt mit der Fülle der experimentellen
Erkenntnisse auseinandersetzen. Dies bedeutete einen bestimmten Spielraum
für Theorien, die den Urknall nur abwandeln wollen. Die Kritik an solchen
Auffassungen wurde geführt, aber hier gibt es keine einheitliche Auffassung.
Was ist denn die abschließende Bewertung?
Josef Lutz: Wissenschaftler, die kritisch zum herrschenden Dogma des
Urknalls stehen, haben sich zusammengefunden und auf erster Stufe den
internationalen Austausch organisiert. Die britische Zeitschrift ,,New Scientist"
machte die Konferenz in ihrer Ausgabe vom 2.7. zur Titelgeschichte. Auch im
Deutschlandfunk und in der Zeitschrift ,,Physics World" kamen ausgiebige
Berichte. Das ,,American Institute of Physics" wird den Tagungsband
veröffentlichen. Wir konnten auf der Konferenz sehr wertvolle Anregungen für
die Weiterentwicklung unserer Arbeit gewinnen. Und nicht zuletzt sind
freundschaftliche Kontakte zu engagierten kritischen Wissenschaftlern
entstanden, mit denen wir positiv zusammenarbeiten können. Unsere Arbeit
wurde dadurch sehr bereichert.
Vielen Dank für dieses Gespräch!