Der verröhrte Blick
Schleswig-Holstein ist nicht mehr mein Urlaubsland. Wanderst Du oder fährst Du Rad, so vergällen Windkrafträder Dir den Genuss der Landschaft. Die Natur ist durch riesige Industrieanlagen in Deinem Auge gebrandmarkt. Ein Windkraftrad ist vor allem Symbol für Fehlentwicklung und Energiegefräßigkeit des Volkes. Die Angabe, Windkraftenergie sei sauber, ist für Auge und Seele eine glatte Lüge. Es ist kaum möglich, den Lebensraum als Erholungs- und Ruheraum zu genießen, zu oft richtet sich der Blick auf Windkrafträder. Nicht einmal angemalt sind sie, diese Ungeheuer aus Stahlbeton und Glasfaser, gewollt, genehmigt und erbaut von unempfindsamen, stumpfen Seelen. Sie geben vor, die Natur zu schützen, zerstört sie jedoch weitläufig und durchschlagend.
Mit den Windkrafträdern ist ein Höhepunkt der Landschaftsvernichtung erreicht. Jeder sensible Mensch schöpft aus der ursprünglichen Natur, auch aus der Kulturlandschaft Kraft, Freude und Erholung. "Mache jeden Tag Urlaub" beinhaltet, Dich in Deiner Heimat, in dem Dich umgebenden Land erfreuen zu können.
Die gigantische Verröhrung beraubt die Landschaft ihrer Weiblichkeit. Was das Auto nicht geschafft hat, vollbringen die Windräder. Jeglicher Charme und lieblicher Charakter dieser Landschaften sind hinüber. Eine verröhrte Landschaft nötigt zum röhrenartigen Blick. Wer das nicht spürt, ist ideologisch verblendet oder ein roher, kalter Geselle. Das Bild der Unruhe, der Technisierung und des süchtigen Energiefraßes drückt sich in das Innere des lebendigen Menschen. Das Ausmaß der Landschaftszerstörung steht in keinem Verhältnis zu dem Beitrag, den die Windräder zur Primärenergie in Deutschland leisten: Es sind 0,63% (1). Die Landschaft geht so lange zu Bruch, bis auch der Mensch zerbricht.
Literatur
1. Die Welt: Nr. 73-13 (30.3.2005), S. 4