und jetzt noch meinen Senf dazu:
Die Genauigkeit der Messung ist von der Genauigkeit der Messmethode anbhängig. D.h. der gemessene Fehler beinhaltet nicht nur etwaige Abweichungen dessen, was gemessen wurde, von dem, was rechnerisch vorausgesagt wurde, sondern auf jeden Fall auch Fehler, die in der Ungenauigkeit der Messapparaturen begründet sind. Viele Versuche zur RTh oder auch zur Stringtheorie konnten und können (noch) nicht durchgeführt werden, weil der "Gerätefehler" noch zu groß ist, um die erwarteten Unterschiede mit zureichender Genauigkeit messen zu können. An einem einfachen Beipiel verdeutlicht: Wenn ich Unterschiede im millionstel Bereich einer Sekunde messen will, aber mein Zeitmesser im millionstel Bereich einer Sekunde einen Gerätefehler von 5% hat, dann können meine Ergebnisse auch nur mit einem Fehler von 5% genau sein.
Hier wurde eine Zeitverzögerung von etwa einer 1/90 000 000 s (= 1,1x10e-8 s) gemessen, mit einer Präzision von 0,05%, d.h. +/- 5,6x10e-12 s). In dieser Abweichung ist in jedem Fall der Gerätefehler enthalten. Über den absoluten Anteil des Gerätefehlers am Gesamtfehler kann ich keine Aussage machen und leider komme ich momentan auch nicht an den Volltext des Originalartikels heran, da ich für ein paar Tage Urlaub habe, so dass ich nicht nachlesen kann, welche Aussagen darüber gemacht werden. Aber die tatsächliche Abweichung des Phänomens von dem vorausgesagten/berechneten Wert, so eine solche Abweichung überhaupt besteht (worüber keine Aussage gemacht werden kann), ist jedenfalls kleiner als 0,05%.
Ich muss trotzdem epi42 widersprechen, die Relativitätstheorie wird kein Gesetz werden, denn dafür wäre notwendig, dass sie zu allen Zeiten, unter allen Bedingung und bei allem gilt. Wie er aber selber gesagt hat, gilt sie nicht bei Schwarzen Löchern, bzw. hier muss eine Modifikation her, die vielleicht die Stringtheorie bieten kann. Aber das ist vom wissenschaftlichen Standpunkt her gar nicht das Problem. Sie ist für einen gewissen Bereich gültig, d.h. anhand ihrer können Voraussagen über das gemacht werden, was man beobachten wird, wie u.a. der beschriebene Versuch zeigt. Die Relativitätstheorie ist falsifizierbar, wäre also bei dem Versuch keine Abweichung gemessen worden, dann wäre sie passé gewesen. Damit sind zwei Grundvoraussetzungen einer validen wissenschaftlichen Theorie gegeben: voraussagende Kraft und Falsifizierbarkeit. Zudem kann man mit ihr beobachtete Phänomene erklären, was eine weitere Grundvoraussetzung ist.
Darum wird die Relativitätstheorie von der Mehrzahl der Wissenschaftler für gültig angesehen, d.h. es ist im Moment die beste Theorie, die wir haben, um bestimmte Phänomene zu erklären. Eine andere Theorie müsste mindestens die gleiche Gültigkeit aufweisen, um die Relativitätstheorie abzulösen. Je mehr Versuche gemacht werden, die sie bestätigen, um so unwahrscheinlicher wird es, dass sie vollständig abgelöst wird. Eher wird sie in einer neuen Theorie integriert werden, so wie Newtons Gravitationstheorie als Grenzfall immer noch in Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie enthalten ist.
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Das gleiche gilt im übrigen auch für die Evolutionstheorie. Nebenbei bemerkt, ist die Evolutionstheorie eine der am Besten belegten Theorien der Naturwissenschaft überhaupt. Hierbei müssen aber zwei Dinge klar unterschieden werden. Einmal die Theorie einer gemeinsamen Abstammung aller Lebewesen von einer Urzelle und zum anderen die Mechanismen, wie sich aus dieser Urzelle alle anderen Lebenwesen entwickelt haben können. N.B. das zu verschiedenen Zeiten verschiedene Lebewesen gelebt haben, wird nicht bestritten. Darwin hat sein "Origin of Species" nicht zuletzt deshalb geschrieben, weil Geologen aufgefallen war, dass verschieden alte Schichten unterschiedliche Fossilien enthielten, d.h. zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Lebensformen auf der Erde gelebt haben. Dies ist eine Tatsache, die zu erklären die Evolutionstheorie versucht. Und zwar ziemlich gut, wie ich finde.
Das heißt aber nicht, dass neue Funde, Untersuchungen oder Beobachtungen nicht eine Modifizierung der Evolutionstheorie erfordern könnten. Tatsächlich gibt es momentan zwei große Richtungen, die eine beinhaltet, dass Evolution im Großen und Ganzen graduell verlaufen ist und verläuft, d.h.selbst bei einer relativ gleichbleibenden Umgebung findet ständig eine Adaption statt, die andere, "Punctuated Equilibrium", behauptet, dass es Zeiten gibt, in denen bei gleichbleibenden Umweltbedingungen zumindestens große Populationen gegen Veränderungen "gepuffert" sind, d.h. da einzelne Variationen unter gleichbleibenden Bedingungen nur einen sehr geringen Anpassungsvorteil bringen, können sie sich in sehr großen Populationen nicht durchsetzen. Dies wird auch als Stasis bezeichnet. Nur bei größeren veränderungen oder in kleinen Populationen (die geographisch von anderen abgetrennt sind) können sich Veränderungen durchsetzen, dann aber verhältnismäßig schnell.
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Die linke Abbildung soll eine graduelle Veränderung mit der Zeit darstellen (was z.B. Darwin annahm), die rechte eine Entwicklung, die Phasen relativer Stasis und Phasen vieler, sich schnell durchsetzender Veränderungen aufweist (was z.B. Gould annahm).
Der eigentliche Punkt bei dem Ganzen ist, dass Naturwissenschaften keine absoluten, für immer geltenden Wahrheiten "produziert", sondern nur jeweils die zu einem bestimmten Zeitpunkt am Besten passenden Erklärungen. Man nähert sich einer absoluten Wahrheit immer mehr an, indem man andere Möglichkeiten ausschließt und die Erklärungen immer mehr verfeinert, aber wird die "absolute" Wahrheit möglicherweise nie kennen.
Darum ist die Naturwissenschaft oder irgendeine naturwissenschaftliche Theorie auch keine Religion. Sie nimmt gar nicht für sich in Anspruch, absolute Wahrheiten zu verkünden. Naturwissenschaftliche Theorien sind
per definitionem nur so lange gültig, bis etwas gefunden wird, das eine Anpassung der Theorie notwendig macht. Religionen/Überzeugungen jedweder Art, die für sich in Anspruch nehmen, absolute Wahrheiten zu verkünden, sind hingegen
per definitionem unveränderlich. Egal, welche Beobachtungen man macht, auch wenn sie den "absoluten Wahrheiten" diametral entgegengesetzt sind, KÖNNEN nicht dazu führen, dass die Aussagen angepasst werden. Denn dann wären die Wahrheiten nicht mehr absolut.
Drum dieses verzweifelte Rumdiskutieren einiger Leute in diesem Forum. Sie nehmen für sich in Anspruch, absolute Wahrheiten zu kennen, darum ist jedes Detail, welches diesen Wahrheiten widerspricht, eine Bedrohung für sie.
Für einen Naturwissenschaftler ist die Widerlegung einer Theorie, wenn er von ihr überzeugt war, vielleicht schmerzhaft, besonders, wenn man annimmt, er hat sehr lange daran gearbeitet. Aber trotzdem werden seine Forschungen nicht vergebens sein, er hat ja valide Beobachtungen gemacht. Er muss nur eine neue Hypothese oder Theorie aufstellen, die auch die Ergebnisse beinhaltet, die seine ursprüngliche Theorie widerlegt haben. Für die "Wahrheitsfindung" im wissenschaftstheoretischen Sinne (--> Annäherung) ist eine widerlegte Theorie ebenso wertvoll wie eine bestätigte, denn man hat damit eine Möglichkeit ausgeschlossen. Von daher ist es für einen Wissenschaftler eben keine Bedrohung seines Weltbildes, wie es auch hier im Forum immer mal wieder behauptet wird, wenn (s)eine Theorie widerlegt wird, da die Widerlegung und Widerlegbarkeit von Theorien ein integraler Bestandteil der Naturwissenschaften ist.