Menschen können Süßes schmecken, weil ein Rezeptor namens TAS1R2 (Taste receptor 1, member 2) auf der Außenseite bestimmter Zellen unserer Geschmacksknospen Zucker detektieren kann. Dieser Rezeptor wird aus einem einzelnen Protein gebildet.
Katzen schmecken Süßes nicht, weil bei ihnen das dieses Protein kodierende Gen eine Deletion aufweist (d.h. ein Stück der Gensequenz fehlt) und dadurch noch zusätzlich der Leserahmen verschoben ist, so dass Stop-Codons entstehen. (Immer drei aufeinanderfolgende Nukleotide – ein Codon – werden in eine Aminosäure übersetzt. Fehlt an einer Stelle nur eine einziges Nukleotid, sind alle anderen nachfolgenden Codons um eins verschoben und kodieren damit nun ganz andere Aminosäuren oder bilden gar ein Stopcodon wie tga oder tag; siehe auch hier).

Dies ist ein Diagramm, das die Unterschiede zwischen dem Katzen- und dem Menschen TAS1R2 aufzeigt. Das menschliche Gen zeigt 6 schwarze Balken, die die kodierenden Bereiche (Exons) des Gens markieren. Dem Katzen-TAS1R2-Gen fehlt ein Stück des dritten "Balkens" (Zahlen in Klammern sind die Längen der Exons in Basenpaaren), dadurch entstehen im weiteren Verlauf des Gens (Leserichtung ist von links nach rechts) einige Stop-Codons, markiert durch die Sternchen. Das Gen ist nicht mehr lesbar, damit sinnlos. Ein sogenanntes Pseudogen.
Wie ist es erklärbar, außer durch einen gemeinsamen Vorfahren von Katzen und Menschen, durch Evolution, dass Katzen das gleiche Gen wie Menschen haben, nur ohne jegliche Funktion?
Darüber hinaus gibt es aber noch einen weiteren Hinweis auf Evolution durch dieses Gen.
Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, wie ein Gen seine Funktion verlieren kann. Die Deletion kann an vielen verschiedenen Stellen liegen, das Gen könnte einfach komplett verloren gehen, es könnte auch ein Nukleotid inserieren, so dass dadurch der Leserahmen verschoben wird etc.
Wie ist es dann zu erklären, dass neben Hauskatzen (an denen die Untersuchung durchgeführt wurde), Tiger und Geparden exakt die gleiche Mutation aufweisen, so dass die entstandenen Stopcodons bei Hauskatze, Tiger und Gepard an identischer Stelle liegen?

Ziemlich einfach ist es mit einer gemeinsamen Abstammung von Hauskatzen, Tigern und Geparden erklärbar.
Irgendwelche anderen Erklärungen?
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Quelle: Li X, Li W, Wang H, Cao J, Maehashi K, Huang L, Bachmanov AA, Reed DR, Legrand-Defretin V, Beauchamp GK, Brand JG (2005) Pseudogenization of a Sweet-Receptor Gene Accounts for Cats' Indifference toward Sugar. PLoS Genetics 1(1):e3.